Instrumentalunterricht - Konzept & Gedanken
Mein "Konzept" beim Instrumentalunterricht
Das Wort Konzept hat zwei Ebenen: Einmal als konkrete Unterrichtsstruktur - aber ebenso beim häuslichen Üben und dem generellen Verständnis des Schülers dafür, was er im einzelnen tut, wie er es tut und warum er es tut. Zudem meint Konzept mein Bewusstsein aus meiner Erfahrung mit Unterrichten heraus und der Erkenntnis von bestimmten Gesetzmäßigkeiten, auf welche ich dann ja nach Schüler im Unterricht ganz individuell reagiere.
Konzept steht zudem in Anführungszeichen, da es sinnvollerweise nur Leitlinien in der Zielsetzung geben kann - alles andere ist ganz individuell auf den einzelnen Schüler abgestimmt. Anfänger können Schwierigkeiten mit dem Blasen (die Projektion der Luft), dem Atem selbst (Verspannungen beim Einatmen oder Ausatmen, dem Anstoß (Einsatz der Zunge), dem Greifen (Fingerkoordination), dem Notenlesen (Tonhöhe, Notenwert), dem Rhythmus oder den bewussten Hören haben - und dann sind da auch noch die ganzen psychologischen Aspekte. Sie sehen, letztlich muss das Erlernen eines Instruments in einem echten Individualunterricht stattfinden, der diesem Namen auch gerecht wird. Aus diesem Grund biete ich nur in besonderen Fällen - und auch da nur für die kurze Zeit, in der es passt - einen Unterricht mit zwei oder drei Schülern an. Später sind zusätzliche Ensemblestunden für die Entwicklung natürlich sehr wichtig.
In der Anfangsphase (die durchaus auch mal zwei Jahre dauern kann!) ist die Unterstützung der Eltern ganz wichtig. Sie begleiten den Schüler beim Üben, sind ein Teil seiner Motivation. Außerdem können sie mir Feedback geben, was in der Woche "dazwischen" instrumental (und auch sonst - ist oft wichtig!) passiert ist. Die Einstellung der Eltern zum Unterricht sollte absolut positiv sein - ganz im Zutrauen zu den Fähigketien des Kinds und vertrauensvoll und offen dem Lehrer gegenüber. Unbeeinträchtigte Kommunikation ist entscheidend für den Erfolg in der Anfangszeit!
Die Voraussetzungen fürs Blechblasen
Die Voraussetzungen fürs Blechblasen oder die Eignung für bestimmte Instrumente wurden früher oft an dünnen oder dicken Lippen festgemacht. Ich persönlich finde viel entscheidender wesenmäßige und charakterliche Eigenschaften wie Unbeschwertheit, Geduld, Ausdauer, das Ertragen von Frustrationen, Mut, Selbstbewusstsein, Phantasie, Neugierde, ein Ohr für Farben und Intonation und die körperliche Lust am Rhythmus - und ganz besonders die Lust daran, sich selbst und sein Können zu zeigen! Das muss natürlich nicht von Anfang an da sein, aber sich entwickeln. Denn ein Musiker, der nicht gern auf die Bühne geht, wird ansonsten zu dem eigenen Musizieren immer ein ambivalentes oder sogar bedrückendes Verhältnis haben.
Ein Punkt, der oftmals noch völlig ignoriert wird oder unbekannt ist: Der psychologische und physiologische Aspekt, dass der Bläser einen direkten Zugang zu seiner körperlichen Vitalität (Muskeln, Muskeltonus) haben sollte, ist bedeutend. Natürlich erwachen und vertiefen sich Körpergefühl und Muskalität unterschiedlich schnell im Laufe des Erlernens, aber manches hingegen wird sich nicht bei jedem ausbilden. Meine Aufgabe als Lehrer ist es unter anderem, das frühzeitig abzuschätzen zu können, um den einen oder anderen Jugendlichen und auch Erwachsenen unnötige Quälerei und Frustration zu ersparen.
Struktur und Ablauf meines Unterrichts
So individuell und unkonventionell mein Unterricht auch erscheinen mag: Er hat Struktur und feste Abläufe. Entsprechend meinem Verständnis und meinen Erkenntnissen über ein effektives Lernen erstreckt sich eine Unterrichtstunde sinnvollerweise vom Einfachen zu immer Komplexerem. Das sollte auch beim Üben zuhause so ablaufen - und zwar in jedem Stadium des Lernfortschritts:
Begonnen wird mit ein, zwei reinen Körperübungen zur geistigen und körperlichen Vorbereitung - auch ein Sportler wärmt sich zuerst mal auf, da im täglichen Leben unübliche körperlich-mentale Anforderungen jeden Tag aufs Neue erst vorbereitet werden müssen. Der Bläser gebraucht seinen Atemapparat auf unnatürliche Weise. Wir atmen im Alltag aktiv ein, der Bläser atmet aktiv aus ...
Dann folgen Übungen mit dem Mundstück (Kontakt und Tonbildung, später auch Intonation und Zungentechnik), die ein positives, druckschwaches Blasgefühl und eine natürliche Mundstückposition fördern sollen. A propos "druckschwach": Das Gefühl von Druck sollte immer vom Gefühl von Vitalität überlagert sein! Das Spüren von Druck ist ein Indikator, dass die Vitalität abgenommen hat und der Muskeltonus flacher geworden ist - also die Verkrampfung zugenommen hat. Die wichtige Schnittstelle zwischen dem Körper und dem Instrument ist das Mundstück - und da spielt sich das oft unsinnig problematisierte Thema "Ansatz" ab ...
Danach gibt es ein paar Übungen zum Einspielen auf dem Instrument (Tonübungen, Bindungen, Anstoß). Das Blasen wird nur dann als leicht empfunden, wenn wir lernen, den Blaswiderstand - der in der Röhre des Instruments, auf dem Zungenrücken und durch die Lippenspannung entsteht - unverkrampft zu überwinden. Auch das ist ein Prozess, der mental und in der Körperempfindung oft eine lange Wandlungszeit benötigt.
Erst dann geht es an die Notenliteratur...
Dazu gehören Quasi-Etüden (zum Fördern und Aufbau wichtiger Entwicklungsschritte) und Spielstücke (immer wieder auch mal zur Motivation nach Auswahl des Schülers) zum Erwecken und Fördern der musikalischen Phantasie und für das gute Gefühl, dass das Blasen etwas selbstverständlich Natürliches sein kann, wenn man sich ganz auf die Musik einlässt und ihr folgt... :-)
Jedes scheinbar KLEINEN, das im Unterricht (und beim häuslichen "üben") angesehen wird, wird auch das GROSSE beeinflussen.
Duette (mit dem Lehrer oder einem anderen Mitschüler), Ensemblestunden (mehrere Instrumentalisten), das Spielen mit CD oder Klavierbegleitung, Vorbereitung auf Stücke, die momentan im Musikverein, Jazzband, Posaunenchor usw. des Schülers gespielt werden: Das alles ist wichtig und bildet die Vielfalt der Musikalität ebenso wie unser soziales Verhalten aus.
Die Gradwanderung eines jeden Instrumentallehrers: Die Verantwortung für eine fundierte Ausbildung sollte sich die Waage halten mit dem "Spaßfaktor" für den Schüler - bisweilen eine "Quadratur des Kreises", die von allen Beteiligten viel Geduld abverlangt ...