CDs - erstellt aus "Nicht-LP-Quellen"
Hier ein paar absolute CD-Raritäten - wobei das Wort "Rarität" untertrieben ist, da es diese CDs eigentlich nicht gibt. Es sind zumeist Aufnahmen von Werken, welche noch nie für Schallplatte oder CD eingespielt wurden. Die Quellen stammen schwer auffindbar aus dem Internet oder es sind private Mitschnitte, die weltweit nur hier veröffentlicht sind.
G. Holst: The Perfect Fool (Aufführung der vollständigen Oper) (V. Handley / BBC Philh. Orch.) (Quelle: Internet) (1995) (1CD)
Hier ist eine Gesamtaufnahme der Oper „The Ferfect Fool“ von Gustav Holst. Es ist ein Live Mittschnitt der BBC von 1995. Bis September 2021 war es das einzige Tondokument, nun hat Lyrita eine Mono-Aufnahme von 1967 mit Groves veröffentlicht. Das Werk dauert etwa eine Stunde und ist äußerst vielschichtig mit vielen kompositorischen Anspielungen. Die Handlung regt die Phantasie an, da sie nicht nur auf einer Ebene spielt. Es ist eine Allegorie über die Kunst, die Musik und die Fähigkeiten des Menschen – auch was den Missbrauch der Musik angeht. Somit ist das ambitionierte und dennoch leichtfüßige Werk auch politisch. Die Deutungen über den Inhalt der Oper sind aber sehr unterschiedlich. Zur Holsts Zeiten waren Publikum und Kritik mit diesen Inhalten überfordert, aber vielleicht gibt es ja jetzt hundert Jahre später mehr Bewusstsein dafür? Eine sehr gelungene Aufführung mit guten Sängern und tollem Orchester – zudem ausgezeichnet aufgenommen!
Karl Schiske - "Terra incognita"
Auf acht CDs habe ich die gesamten mir zugänglichen Tonaufnahmen mit Werken von Karl Schiske zusammengestellt - mir selbst zu Freude und zu Demo-Zwecken. Vielleicht kann ich ja zur Verbreitung dieser wunderbaren Werke unter Musikern und bei Produzenten beitragen, sodass Karl Schiske mehr aufgeführt und irgendwann auch endlich auf CD produziert wird - und somit die Kompositionen dieses wichtigen österreichischen Komponisten weitere Verbreitung, Beachtung und Anerkennung finden. Mehr dazu finden Sie auf der Seite
Karl Schiske Projekt
und den Unterseiten.
Zu den jeweiligen CDs gibt es hier auch Hörbeispiele als Audiodateien im komprimierten MP3-Format. Auch wenn ich beim Hochladen die bestmögliche MP3-Qualität ausgewählt habe, so sind die akustischen Ergebnisse dennoch nur ein Schatten der originalen unkomprimierten WAV-Dateien auf den CDs. Ich möchte durch die einzelnen Sätze der Werke aufmerksam und neugierig machen ...
Kontaktieren Sie mich gern bei Fragen zu meinen private CD-Transfers.
Op.5 ist im Internet als Video mit sehr guter Tonqualität zu sehen. Ich habe für den Tonträger diese Quelle nochmals so bearbeiten könnten, dass sie deutlich präsenter klingt.
Op.14 ist im Internet zum Download angeboten. Ich konnte die Quelle klanglich ebenfalls bedeutend verbessern. Das Original klingt in den schwach präsenten Höhen und dem ultra trockenen Klang sehr künstlich, anämisch und stumpf. Durch den Einsatz von Frequenzweichen und einen passenden moderaten Reverb (Raumklang) ist nun eine klanglich recht akzeptable Aufnahme zu hören.
Op.20 ist als Video im Internet zu sehen. Die Tonqualität ist in der Datenmenge "kaputt-reduziert". Ich konnte die üblen Artefakte minimieren und den Klangeindruck natürlicher gestalten, aber da die Quelle so schlecht ist zu dem Preis, dass die Aufnahme nun klingt als stamme sie von circa 1935.
Op.26 ist ein Rundfunkmitschnitt, den ich selbst in den 70ziger Jahren auf Tonband gemacht habe. Ich hatte zur Bearbeitung leider nur noch eine Kopie auf Musikkassette zur Verfügung, da das Tonband nicht mehr abspielbar ist. Es gibt einige technische Mängel und auch Störungen, welche ich aber zu großen Teil soweit minimieren konnte, dass die Aufführung gut zu hören ist.
Op.28 stammt aus einer privaten Quelle und ist ein Rundfunkmitschnitt. Es handelt sich um eine Musikkassetten-Aufnahme, welche in den Höhen äußerst schwach ausgeprägt ist. Durch Frequenzweichen und den moderaten Einsatz eines gutes Rauschminimierungsprogramms konnte eine akzeptable Frequenzpyramide hergestellt werden.
Op.31 stammt aus derselben privaten Quelle. Hier war das Problem quasi umgekehrt wie bei op.28. Die Höhen klingen extrem schrill und die Bässe sehr schwach ausgeprägt. Außer manchen Verzerrungen im Fortissimo der Blechbläser bzw des Tuttis ist auch dieser Transfer passabel gelungen.
Op.49 mit Urbanner ist hier in einer interessanten Alternative zu der ORF-CD zu hören. Diese Tonquelle ist ok.
Op.14 ist eine aufschlussreiche Alternative zu dem ÖGZM-Download. Die etwas inkonsistente Klangqualität habe ich aufgehellt.
Op.33 hatte einen kräftigen Einsatz von Frequenzweichen nötig (sehr schrille Höhen), aber das Ergebnis ist sehr ordentlich geraten.
Op.44 ist die klanglich beste Quelle aller mir zur Verfügung stehenden Rundfunkmitschnitte - allerdings in Mono, was in keiner Weise stört und wahrscheinlich auch so aufgenommen und übertragen wurde. Quasi Studioqualität.
CD=CD?
Diese CD beinhaltet nur Aufnahmen, die bereits offiziell als CD veröffentlicht wurden und diese Ausgaben wurden auch als Bearbeitungsquelle benutzt. Für dieses Vorgehen gibt es mehrere Gründe:
1. Bei den meisten dieser Aufnahmen wurden ohne erkennbaren Grund sinnvolle Track-Markierungen weggelassen, mittels denen man einzelne Sätze oder sinnfällige Abschnitte (z.B. zum besseren Verständnis bei Synthese op. 47) innerhalb von Werken aufrufen kann. So z.B. bei der Symphonie Nr. 5, der Synthese op. 47 und den Orgelaufnahmen von op. 10 mit dem Organisten Roman Summereder und op. 38, op. 41 und op. 46 mit der Organistin Renate Sperger.
Auf der vorliegenden CD sind an sinnvollen Stellen (einzelne Sätze, Variationen, Abschnitte) zusätzliche Nummern gesetzt.
2. Bei der CD des ORF (CD 3026) wurden bei den Orchesterstücken (Symphonie Nr. 5, Synthese op. 47) für die CD-Veröffentlichung quasi „Weichzeichnungsfilter“, möglicherweise sogar zusätzlicher Hall (höre als Vergleich den - leider monauralen - Mittschnitt der Rundfunkübertragung der identischen Aufführung der Symphonie Nr. 5) eingesetzt.
Hier konnten leichte bis deutliche Verbesserungen vorgenommen werden, besonders an der Aufnahme der Symphonie Nr. 5(helleres durchsichtigeres Klangbild, deutlich höherer Aussteuerungspegel). Ebenso wurde der in den Höhen blasse und diffuse Klang von op. 10 mit Summereder verbessert.
3. Bei den Orgelwerken bietet diese Zusammenstellung mit drei verschiedenen Organisten zusätzliche Abwechslung.
Die Choralpartita ist zudem zum Vergleich mit zwei Interpreten zu hören.
Zudem liegt - wie bereits erwähnt - der identische ORF-Mitschnitt der Symphonie Nr. 5 op. 50 hier in zwei Quellen vor:
a) von der ORF-CD und b) von einem monauralen MC-Mitschnitt einer Rundfunkausstrahlung des ORF.
Wegen des beachtlichen subjektiven Hör– und somit Erlebensunterschiedes der beiden Tonquellen sind hier beide Quellen im Vergleich zu hören: Die ORF-CD erklingt in einem weitgefächerten Stereopanorama mit großer Tiefenstaffelung und einer guten Portion Raumklang. Diese Parameter ergeben bei einer Orchesteraufnahme ein schönes rundes Klangbild. Leider ergibt sich somit auch ein ziemlich „weicher“ Klang und die Dichte (Intensität, starke Impulse, auch Schärfe und Tonmassierung) geht etwas in den Raum verloren. Der MC-Mitschnitt lässt trotz aller Schwächen (in mono, und zudem alle üblichen Mängel einer älteren MC-Aufnahme wie leichtes Rauschen, eingeschränkter Frequenzgang geringe Dynamik usw.) m.E. mehr von dieser Intensität erleben.
. . . aus der Not eine Tugend machen . . .
Für diese CD lag mir an noch unverarbeitetem Tonmaterial von Aufnahmen von Schiskes Werken nur noch ein privater Mitschnitt einer ORF-Übertragung der Symphonie Nr. 2 op. 26 in einer Aufführung mit Milan Horvat vor. Somit war für eine vollbespielte CD noch 45 Minuten Freiraum vorhanden. Die direkte Gegenüberstellung drei verschiedener Aufführungen des viertelstündigen Divertimentos op. 49 schien mir angesichts der herausragenden Bedeutung dieses wichtigen Werks des 20ten Jahrhunderts ein reizvoller Gedanke zu sein. Zudem ist die hier mit verwendete ORF-CD aus uneinsichtigen Gründen nur in einem Track produziert worden. Ich habe Tracknummern hinzugefügt und den Klang noch optimieren können. Und da ist der kräftige Kontrast zur 25 Jahre früher entstandenen zweiten Sinfonie: Op. 49 steht am Ende von Schiskes konsequenter Entwicklung, op. 26 zeigt die bereits meisterlichen Grundlagen dieses Wegs.
Ein langer und konsequenter Weg
Die zweite Sinfonie steht ziemlich am Anfang einer von Karl Schiske ganz bewusst vollzogenen und letztlich konsequent durchgeführten Umsetzung kompositorischen Strebens und auch einer geistiger Grundhaltung: Alles ist miteinander verbunden und aufeinander bezogen, alles wächst aus gleichen Wurzeln oder entsteht aus einander.
In der zweiten Symphonie op. 26 ist das thematisch schon klar in aller Satztechnik und Kontrapunktik bis hin zur Tripelfuge durchgeführt. Im Spätwerk - z.B. der vierten Sinfonie op. 44, der Synthese op. 47 oder besonders dem Divertimento op. 49 - kommen zu diesen Techniken noch umfassendere, ja ganzheitlichere Aspekte wie die Einbeziehung von Instrumentierung, Rhythmus, Taktarten, exakte formale Maße, das gleichzeitige Übereinanderschichten von zuvor nacheinander erlebten einzelnen Vorgängen, Umkehrung und Krebs, das Rückläufige des Musikstücks - also ein Spiegeln des Geschehens und Erlebens und quasi die Aufhebung der Zeit selbst, was ja einen Widerspruch zum Medium Musik als eben Zeit benötigende „Echtzeitkunst“ darstellt.
Wenn man dadurch phänomenologisch und philosophisch angeregt Schiskes Werk nicht nur als tönende Musik, sondern als Auseinandersetzung mit den dem Menschen gegebenen Möglichkeiten der Wahrnehmung, des Erlebens und Durchdringens des Lebens und der Zeit begreift, dann verliert sich jeglicher Gedanke an eine kompositorische Strömung oder überholte Modernität.
Diese Erweiterung mag vergeistigt oder gar verkopft klingen, will aber neugierig machen und zur „persönlichen praktischen Anwendung“, also der Arbeit des „nachspürenden Hörens“, anregen: denn Schiskes Kompositionen erschließen sich - wie jede andere Musik und das Leben selbst - in seiner Wahrhaftigkeit und Tiefe und somit im persönlichen Wert nicht aus Gedanken oder einem Konstrukt des Geistes, sondern nur aus dem aus dem Erleben selbst.
Eigene Anmerkung zum Divertimento „Transformationen im goldenen Schnitt für 2 plus 3 plus 5 Instrumente“
Beim Divertimento steht nicht das Experiment einer musikalischen Umsetzung der mathematischen Fibonaccischen Zahlenreihe im Vordergrund, sondern das Ausloten des auch in Komposition und erlebbarem Klang vom Menschen als ästhetisch perfekt empfundenen Goldenen Schnitts. Philosophischer Ausdruck der menschlichen Unvollkommenheit ist dabei, dass eine Benennung in Zahlenwerten dem Ideal des Goldenen Schnitts nur als Näherungswert gerecht werden kann, wie auch unser temperiertes Tonsystem nur eine Annäherung ist . . .
Divertimento für 10 Instrumente op. 49 (Transformationen im goldenen Schnitt für 2 plus 3 plus 5 Instrumente)
1963 im Auftrage des Wiener Kunstfonds entstanden, ist das Werk nach der sogenannten Fibonacchischen Reihe 2, 3, 5, 8,13, 21 etc., in der jede Zahl mit der Summe der beiden vorhergehenden identisch ist und aus der sich die ganzzahligen Annäherungswerte zum goldenen Schnitt ergeben, weitgehend durchorganisiert. Schon die Auswahl der Instrumente basiert auf diesem Organisationsprinzip: zwei Holzblasinstrumente (Klarinette, Fagott), drei Blechblasinstrumente (Horn, Trompete, Posaune), fünf Streichinstrumente (2 Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabass), aber auch die Anlage der Zwölftonreihe dann in gewissen Grenzen Metrum, Rhythmus, Klangfarbe, Dichte, Form und sogar Dynamik. Da dieses Organisationsprinzip nicht nur eine strenge Logik in sich birgt, sondern eminente sinnfällige künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten offen lässt, ergibt es eine gesunde und der musikalischen Vorstellungswert Schiskes adäquate Grundlage für die Komposition. Dabei legt der Komponist Wert darauf, dass die Strukturen musikalisch hörbar werden und die Realisierung der 10 kurzen variationenartig angelegten Sätze Musiker und Hörer unterhalten soll.
Divertimento für 10 Instrumente op. 49 (1963)
04-14-24 1. Thema
05-15-25 2. erste Variation
06-16-26 3. zweiteilige bar– oder Liedform mit iso-rhythmischen Verhältnissen
07-17-27 4. zweite Variation (Track-Nummer ist jeweils am zweitletzten Takt des vorhergehenden dritten Stücks gesetzt)
08-18-28 5. Sonatenform en miniature
09-19-29 6. Partita (3teilig)
10-20-30 7. Canon (rectus et inversus, in direktem und krebsförmigem Motus)
11-21-31 8. Walzer (Scherzoform mit dreiteiligem Trio, Scherzo da capo)
12-22-32 9. dritte Variation
13-23-33 10. Finale, Stretta (in direktem und krebsförmigem Motus), mit liegendem Ostinato (verso diritto e contrario).
Im Zentral– und Schnittpunkt ist das Finale durchbrochen vom „Schlüssel“-Teil der musikalischen Konstruktion:
Der fibonaccischen Reihe.
Sehr empfehlenswert ist übrigens die Lektüre der Analyse zum Divertimento op.49 mit umfassenderen Gedanken in dem Büchlein „Karl Schiske“ von Karlheinz Roschitz - nach einer Studie von Günter Kahowez.
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Op.26 ist hier mit Milan Horvat, eine alternative Aufführung zu der mit Peter Erös auf der ersten CD. Sehr unterschiedliche Ansätze der Interpretation: Bei Erös ein sehr struktureller expressiver Zugang - bei Horvat weichere Klanglichkeit mit leicht romantischen Zügen.
Op.49 habe ich hier in allen drei mir verfügbaren Aufnahmen zur Möglichkeit des Vergleichens zusammengestellt. Die jeweiligen Tracknumern sind einfach zu merken - immer mit einer Differenz von 10: Also sind Nummer 4, 14 und 24 identisch im Stück.
Die erste Aufnahme ist mit Schwertsik (Digital-Transfer von der kommerziellen Austro Mechana Schallplatte), die zweite ein privater Rundfunkmitschnitt mit Urbanner (dem Innsbrucker Streichquartett und anderen) und die dritte die kommerzielle ORF-CD (mit dem Ensemble "Die Reihe"). Von der offiziellen ORF-CD habe ich eine minimale Veränderung der Frequenzweiche vorgenommen.
Hier nochmals die drei Karl Schiske LP-to-CD Transfers - mit mehr Infos und Hörbeispielen:
Op.11, op.25 (Auszüge) und op.30. Digitaler Transfer der kommerziellen Amadeo Schallplatte. Die LP klingt gut, aber es gibt beim Psalm 99 op.30 relativ hohe Verzerrungen, die ich halbwegs in akzeptablem Rahmen halten konnte - etwas auf Kosten der Präsenz, was aber bei a capella Chormusik nicht so sehr auffällt.
Op.25. Digitaler Transfer der kommerziellen Amadeo Schallplatte. An sich eine gute Stereoaufnahme (Live-Mittschnitt). Allerdings haben die zwei Schallplatten zum Teil Oberflächengeräusche durch eine nicht gerade sorgfältige Fertigung: stärkeres Granulatrauschen, pro Umdrehung an- und ab-schwellend, ein paar Blasen. Ich habe drei verschiedene Exemplare zum Erstellen des Transfers herangezogen, aber alle hatten ähnliche Schwächen. Die Störungen auf der CD treten nur phasenweise auf und sind akzeptabel. Beim Abspielen von LPs fallen solche leichten Schwächen weniger auf, aber beim Digitalisieren für CD treten solche Effekte aus physiologischen Gründen generell stärker hervor. Hier die ganze Aufführung als mp3-Dateien:
Op.19, op.34, op.42 und op.49. Digitaler Transfer der kommerziellen Austro Mechana Schallplatte. Die Schallplatte klingt an und für sich gut, hat aber einen eher schwachen Überspielpegel und ein relativ hohes Grundrauschen. Beides konnte beim CD-Transfer deutlich verbessert werden.